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Baurecht aktuell: DIN- Norm ist keine allgemein anerkannte Regel der Technik

Die DIN 18015-2 für elektrische Anlagen in Wohngebäuden beschreibt ein gehobenes Ausstattungsniveau für Elektroinstallationen und enthält keine allgemein anerkannten Regeln der Technik. Die Planung ist somit nicht allein deshalb mangelhaft, weil weniger Steckdosen als nach der DIN 18015-2 verbaut werden (OLG Düsseldorf, Urt. v. 9.2.2023 – I-5 U 227/2).

Entscheidung: Das OLG stellt klar, dass die DIN 18015-2 nicht geeignet ist, eine allgemein anerkannte Regel der Technik zu sein. Die dahingehende Vermutungswirkung entfällt. Die Norm beschreibt lediglich Ausstattungsfragen ohne Bezug zum Sicherheits- oder Qualitätsniveau.

Hintergrund: Ausschließlich bei sicherheitstechnischen Festlegungen in DIN-Normen nimmt das DIN selbst eine konkrete Vermutung an „dafür, dass sie fachgerecht, d.h., dass sie anerkannte Regeln der Technik sind“ (DIN 820-1 Nr. 8.1 Abs. 2). Lediglich insoweit stellt das DIN an sich selbst den Anspruch, Regelungen mit einer Aussage über bereits bestehende anerkannte Regeln der Technik zu treffen.

Bei den Vorgaben zur Anzahl der zu verbauenden Elektroanschlüsse geht es nicht um Sicherheitsstandards und Gefahrenabwehr. Die DIN 18015-2 beschreibt lediglich ein Ausstattungsniveau, das Komfortansprüchen dient. Das in der DIN 18015-2 geregelte Niveau liegt deutlich oberhalb des Niveaus, das zur Sicherstellung des Funktionierens notwendiger Beleuchtung oder erforderlicher Sicherheitseinrichtungen sicherheitstechnische Relevanz aufweist.

Anmerkung: Die Entscheidung des OLG Düsseldorf hat eine hohe Praxisrelevanz. Es wird deutlich, dass für eine DIN-Norm nicht per se vermutet werden kann, dass es sich um allgemein anerkannte Regeln der Technik handelt. Komfortansprüche werden insoweit nicht geschützt.

Soweit sich jedoch Komfortansprüche einer DIN-Norm im Markt durchsetzen, können diese zu einem späteren Zeitpunkt allgemein anerkannte Regeln der Technik werden.  

ABER: Die Entscheidung des OLG Düsseldorf lässt sich nur bedingt verallgemeinern. Denn es handelt sich lediglich um eine Entscheidung im Einzelfall. Ein Oberlandesgericht ist nicht der BGH. Hinzukommt, dass es hier um eine vertragliche Vereinbarung zwischen einem Bauunternehmen und einem Planer, also zwischen zwei sachkundigen Gewerbetreibenden geht. Die Entscheidung lässt sich daher auch nicht ohne weiteres auf Verträge mit Verbrauchern übertragen. Hier wäre eine Abweichung von DIN-Normen nur mit einer umfassenden Aufklärung über die Folgen denkbar.

Eine Abweichung von einer DIN-Norm wird generell schwieriger je stärker sich die jeweilige DIN-Norm im Markt durchgesetzt hat. Jede DIN-Norm ist auch dahingehend anders zu bewerten. Um nachträglichen Streit und mögliche Gewährleistungsansprüche zu vermeiden, gehen Praktiker das mit einer Abweichung von DIN-Normen verbundene Haftungsrisiko oft mit gutem Grund nicht ein.   

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