Markt Bautätigkeit Haus Familie Rohbau (Copyright: istock.com/H_Barth)

Baden-Württemberg: Immer weniger Wohnungen trotz steigender Nachfrage

Im Wohnungsbau ist die Zahl der Baugenehmigungen 2022 und in den ersten
Monaten 2023 weiter eingebrochen. „Institutionelle, wie auch private Bauherren
verzichten notgedrungen immer öfter darauf, ihre Baupläne zu verwirklichen“, erklärte Gerald Lipka, Geschäftsführer des BFW Baden-Württemberg anlässlich der Präsentation des Wohnungswirtschaftlichen Konjunkturberichts 2022/2023. Damit gerate die wichtigste Säule des Wohnungsneubaus ins Wanken. „Politik und Kommunen haben die damit verbundene Dramatik noch nicht erkennt, denn gerade private Investoren waren und sind die Treiber des Wohnungsbaus. Hier muss rechtzeitig, also jetzt, gegengesteuert werden“, mahnte Lipka.

Massiver Rückgang privater Bauinvestitionen und hoher Bauüberhang

So wurden in Baden-Württemberg 2023 im Januar und Februar 7.879 Wohnungen genehmigt. Das sind elf Prozent weniger als im selben Zeitraum 2022 mit 8.849 Wohnungen. Bei Einfamilienhäusern waren es 45 Prozent, bei Mehrfamilienhäusern 34 Prozent und bei Wohnungen in Bestandsgebäuden 20 Prozent weniger.

Insgesamt wurden 2022 laut Konjunkturbericht in Baden-Württemberg mit 50.823 Wohnungen, 8,2 Prozent Wohnungen weniger als 2021 genehmigt. Besonders problematisch ist, dass von den genehmigten Wohnungen immer weniger gebaut werden. Ein Indiz dafür ist der wachsende Bauüberhang, also die Differenz zwischen genehmigten und tatsächlich gebauten Wohnungen. So hat sich der Bauüberhang in Baden-Württemberg zum 31. Dezember 2021 um 10,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 113.898 Wohnungen vergrößert (31.12.2020: 102.944) und stieg damit schneller als die Zahl der Baugenehmigungen.

Die seit Jahren bestehende Lücke zwischen der Zielsetzung der Landesregierung von jährlich 65.000 neuen Wohnungen und den tatsächlich errichteten Wohnungen liegt damit auch 2022 gleichbleibend hoch bei rund 25.000 Wohnungen. Nach wie vor tragen 2/3 private Bauinvestoren auch 2022 maßgeblich zur Stabilisierung des Wohnungsbaus bei. Sie haben ihren Marktanteil mit 50,3 Prozent der errichteten Wohnungen gehalten und 62 Prozent der Neubauinvestitionen gestemmt. Allerdings haben sie ihre Investitionen reduziert und es ist mit einem weiteren Absinken zu rechnen. Ein Grund ist die wirtschaftliche Überforderung der privaten Käufer. Gerade diese mittelständische Zielgruppe braucht die Unterstützung und Ermutigung durch die Politik. „Baden-Württemberg ist ein Beispiel für die große Bedeutung privater Bauinvestoren beim Wohnungsneubau. Neben steigenden Baukosten und Hypothekenzinsen setzen noch immer hohe Grundstückskosten und die Kosten für die Energiewende dieser Gruppe massiv zu“, schlussfolgert Lipka. „Die Politik fordert beim Wohnungsbau von den privaten Bauinvestoren immer mehr, will zu viel gleichzeitig und ignoriert dabei die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Außerdem sorgt sie nur unzureichend für Entlastung“, so Lipka weiter. Besser wäre es, sich – zum Beispiel bei der Energiewende – auf die effizientesten Maßnahmen zur CO2-Einsparung zu beschränken, um die Bauwilligen nicht zu überlasten.

Baupreise steigen auch wegen der Energiewende weiter Der Anstieg der Baupreise in Deutschland hat sich abermals stark beschleunigt. So kletterten die Preise für konventionell gefertigte Wohngebäude im Jahresdurchschnitt 2022 deutschlandweit um 17,2 Prozent mit weiter steigender Tendenz bis Februar 2023.

Eine Trendwende ist nicht in Sicht. Die Baukosten in Baden-Württemberg lagen bei durchschnittlich 2.322 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche und damit 7,1 Prozent höher als im Jahr zuvor. Um zu sparen, sank die Wohnfläche neuer Wohnungen um durchschnittlich 1,2 Prozent. „Es ist mehr als bedauerlich, dass Politik auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene diesen Entwicklungen nicht beherzt und mit klaren Entlastungssignalen entgegentritt“, erklärte Lipka. So wären mehr bebaubare Grundstücke, eine Reduzierung der Grunderwerbsteuer für Selbstnutzer und verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten ein deutliches Signal an den Markt, wie auch an Projektentwickler, die dringend benötigten Wohnungen zu bauen. „Im Bausektor mit einem Planungszeitraum von mehreren Jahren brauchen wir langfristig verlässliche Rahmenbedingungen und Förderstrukturen, die Wohnungsbau auch in herausfordernden Zeiten wie heute ermöglicht. Denn genau jetzt wird die Wirtschaftlichkeit der Projekte immer wichtiger“, betont Lipka. Hinzukomme, dass sich nur in einem wirtschaftlich gesunden Umfeld soziale Bauprojekte verwirklichen lassen, die in Deutschland ebenfalls gebraucht werden.

Mietmarkt gerät zunehmend unter Druck

„Leider verkennt die Politik, welche gravierenden Auswirkungen der zurückgehende Wohnungsbau auf den angespannten Mietmarkt hat. Denn wenn private Bauherren und Käufer ihr Projekt Eigentumsbildung aufgeben und auf Mietwohnungen ausweichen, belastet das den ohnehin angespannten Mietwohnungsmarkt zusätzlich und treibt die Mietpreise nach oben. Das führt zu deutlichen Mietsteigerungen“, so der BFW-Geschäftsführer.

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