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Aktuelle Entwicklungen im Bauvertragsrecht

Es besteht allseitiger Konsens, dass der aktuellen bespiellos angespannten Situation beim dringend notwendigen Wohnungsneubau, aber auch bei der ebenso notwendigen Bestandssanierung wegen der bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen – insbesondere was die Vorgaben technischer Art betrifft – nicht wirksam genug begegnet werden kann.

Es ist deshalb dringend erforderlich, sehr zeitnah zu neuen Regelungen zu kommen, die nicht nur erheblich kostengünstigeres, sondern auch nachhaltigeres Bauen praxisverträglich rechtlich möglich machen. Hierzu sind grundsätzlich Veränderungen in drei Bereichen erforderlich:

– dem öffentlichen Bauordnungsrecht (Musterbauordnung/Landesbauordnung, eingeführte     technische Baubestimmungen)

– den bautechnischen Regelwerken (DIN-Normen, aber auch sonstige Regelwerke)

– dem Bauvertragsrecht.

Im Folgenden soll lediglich auf das Bauvertragsrecht und die dort sinnvoll erscheinenden Neuregelungen eingegangen werden.

Im Bauvertragsrecht müssen grundsätzlich unterschieden werden:

1. Die Verträge zwischen Unternehmen (Nachunternehmerverträge der Bauträger)

Die Bauvertragspartner im unternehmerischen Bereich benötigen im Hinblick auf einzuhaltende technische Standards. weitergehende Flexibilität bei der Planung und Durchführung von Bauvorhaben. Wesentlicher Punkt einer solchen Flexibilisierung muss die Abkehr von der nach heutigem Recht zwangsläufigen Ausrichtung an den allgemein anerkannten Regeln der Technik (a. a. R. d. T.) sein. Es muss also der freien vertraglichen Vereinbarung unterliegen, welche gestalterischen, planerischen und baulichen Maßnahmen verwirklicht werden sollen. Dies sollte nicht nur vor Baubeginn, sondern auch während der Durchführung von Baumaßnahmen gelten.

Der BFW hat deshalb in vielfältigen Stellungnahmen und Gesprächen sowohl gegenüber der Bundesregierung als auch im politischen Bereich als zentralen Punkt (neben einigen weiteren begleitenden Reglungen) vorgeschlagen:

– Für Verträge ohne Verbraucherbeteiligung festzulegen, dass die allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht mehr „automatisch“, sondern nur dann zur vertraglichen Leistungsverpflichtung werden, wenn das zwischen den Vertragsparteien ausdrücklich vereinbart wurde.

– Nachfolgend entsprechende Anpassung der „Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B (VOB/B)“ vorzunehmen.

2. Verträge mit Verbraucherbeteiligung (z.B. Bauträger-Kaufverträge)

Kostengünstigere und nachhaltige Neubauten bzw. Wohnungssanierungen anbieten zu können, kann nur durch die Absenkung technischer Anforderungenerreicht werden, zumal andere Einflussgrößen wie Lohnkosten und Materialpreise von den Baubeteiligten kaum zu beeinflussen sind.  Das bedeutet aber, dass die heute bestehende feste Koppelung werkvertraglicher Leistungsverpflichtungen an die allgemein anerkannten Regeln der Technik auch im Verbraucherbereich zwingend gelöst werden muss.

Die Absenkung technischer Anforderung ist, was ernsthaft niemand bestreitet, ohne nennenswerte Einschränkung der Wohnqualität möglich. Nicht zuletzt der Blick in das europäische Ausland zeigt das. Dabei kann es allerdings nicht darum gehen, die Material- und Ausführungsstandards zu unterschreiten, die im Sinne des Gesundheitsschutzes der Nutzer bzw. der bautechnischen Sicherheit (Statik, Brandschutz) der Gebäude unverzichtbar sind.

Zwischen diesem einzuhaltenden technischen Mindestniveau und dem was heute aufgrund technischer Regelwerke von den Bauanbietern zu leisten ist, besteht aber ein ganz erheblicher Spielraum, der problemlos nach unten ausgenutzt werden könnte mit nennenswerten Effekten für günstigere Preise.

Die Reduzierung technischer Anforderungen ist zwar auch nach dem heutigen Stand der bauvertragsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur bereits möglich – sogar in allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die nahezu durchweg vorliegen. Die praktische Umsetzung einer solchen vertraglichen Reduzierung wirft aber – ohne an dieser Stelle auf die Einzelheiten eingehen zu können – rechtstechnische Probleme auf, die derzeit nicht praxistauglich zu lösen sind.

Zur Vermeidung erheblicher Gewährleistungsrisiken werden deshalb in der Praxis die hohen Anforderungen vorsichtshalber hingenommen mit der bekannten Folge für das Preisniveau.

Der BFW hat deshalb vorgeschlagen:

  • Bei Verbraucher-Bau-(träger-) Verträgen, sollten einerseits die a. a. R. d. T. weiterhin „automatisch“ gelten, solange nichts anderes vereinbart wird.
  • abweichende Vereinbarung in allgemeinen Geschäftsbedingungen sollte das Gesetz aber ausdrücklich vorsehen, ggf. durch die Verpflichtung begleitet die Verbraucher-Vertragspartei ausdrücklich darauf hinzuweisen ist, dass nach dem Vertragsinhalt von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abgewichen wird.
  • Standardisierung dieses Hinweisen durch gesetzliche Vorgabe der dabei zu verwendenden Formulierung (vergleichbar: Belehrung über Widerrufsrechte).

Die Verwendung muss gesetzlich festgeschrieben Rechtssicherheit für die Abweichungen erzeugen.

Verbraucher werden dabei auch auf die Notwendigkeit hingewiesen, sich extern über die Abweichungseinzelheiten und die daraus für sie möglicherweise resultierenden Folgen zu informieren, sofern sie dies für notwendig erachten.

Damit würden einerseits die Verbraucher-Besteller vor Überraschungseffekten sicher geschützt und andererseits den Anbietern erlaubt, einfachere, kostengünstigere und damit nachhaltigere (man denke an reduzierte Betonstärken o. Ä.) Lösungen ohne drohende Mängelproblematik auszuführen.

Natürlich würde die Umsetzung dieser Vorschläge allein nicht ausreichen, um die derzeitige Spannungssituation im Wohnungsbau zu bereinigen. Sie wäre aber zweifellos ein wesentlicher Bestandteil für eine Lösung in absehbarer Zeit.

Soweit die Positionen des BFW.

Was tut sich in der Gesetzgebung?

Vor wenigen Tagen hat die Bundesregierung, sprich das führend zuständige Bundesjustizministerium einen Referentenentwurf für ein „Gesetz zur zivilrechtlichen Erleichterung des Gebäudebaus (Gebäudetyp-E-Gesetz)“ vorgelegt, mit dem die geschilderten Probleme angegangen werden sollen. Die in den Vorbemerkungen zum Entwurf genannte Zielsetzung deckt sich vollständig mit den Überlegungen des BFW.

Man könnte sich deshalb erfreut zurücklehnen in dem Glauben, endlich werde dieses Problem gelöst und auch den Bauträgern die rechtssichere Vereinbarung einfacherer und damit kostengünstigerer Baustandards ohne Mängelrisiko ermöglicht.

Leider zeigt sich bei näherem Hinsehen aber, dass dies allenfalls teilweise erreicht würde, wenn der Entwurf zum Gesetz würde.

a.

Mit einer einigermaßen befriedigenden Lösung wartet das Bundesjustizministerium leider ausschließlich für die Gebäudebauverträge zwischen fachkundigen Unternehmen auf:

Für diesen Bereich übernimmt der Entwurf im zentralen Punkt die oben dargestellte BFW-Forderung. Allerdings nicht uneingeschränkt, sondern nur mit zusätzlichen Voraussetzungen wie z.B. Hinweispflichten.

Selbst hier also eine nach wie vor komplizierte Regelung deren Eignung in der Praxis zumindest zweifelhaft ist.

b.

Für die im Bauträgergeschäft „andere Vertragsseite“ also die (Bauträger-) Verträge mit Verbrauchern (= Erwerbern)bietet der Entwurf diese Vereinfachung bedauerlicherweise überhaupt nicht an.

Hier ist lediglich eine Neuerung vorgesehen, nach der bautechnische Normungen, die sicherheitstechnische Festlegungen enthalten grundsätzlich als anerkannte Regeln der Technik festgeschrieben werden. Gleichzeitig sollen aber bautechnische Normungen, die reine Ausstattungs- und Komfortmerkmale abbilden keine anerkannten Regeln der Technik sein.

Irgendwelche Vereinfachungen, die die Aufklärungspflicht der Bauträgers gegenüber ihren Erwerbern betreffen, sieht der Entwurf nicht vor. Nach wie vor beträfe den Bauträger deshalb auch nach diesem Gesetzentwurf das Problem, seinen Kunden Abweichungen von den anerkannten Regeln der Technik im Einzelnen erläutern und die Auswirkungen erklären zu müssen. Dies dürfte sich auch auf die vom Bauträger allein vorzunehmende Einordnung nach sicherheitstechnisch relevanten Festlegungen einerseits und reinen Ausstattungs- und Komfortmerkmalen andererseits beziehen.

Vorläufiges Fazit: Würde der Entwurf zum Gesetz werden, wird sich für die Bauträgerverträge mit privaten Kunden in der Praxis keine erwähnenswerte Änderung oder gar Verbesserung gegenüber dem heutigen Stand ergeben.  Selbst wenn auf der Nachunternehmerseite gewisse Erleichterungen festzustellen sind, würde dies den Bauträgern nichts nützen, weil sie unverändert die einfacheren Baustandards zwar mit den Nachunternehmern, nicht aber mit ihren Kunden rechtssicher und ohne Gewährleistungsrisiko vereinbaren kann.

Die Diskussion um den Entwurf und dessen Nachbesserung auch im Bereich des Verbraucher- Bauvertrages muss deshalb weitergeführt werden.

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