Vorjahresvergleich: Deutschland mit stärkstem Rückgang (-6,0 Prozent), deutlichster Anstieg in Spanien (+7,2 Prozent)
Leichtes Minus in Frankreich (-0,6 Prozent) – französische Bauzinsen gleichen sich zunehmend an europäisches Niveau an
Schwindende Kaufkraft wegen hoher Zinsen: In Deutschland können sich Käufer heute im Schnitt 11 Quadratmeter weniger Wohnfläche leisten als Anfang 2022; größte Einbußen in Belgien (-25 Quadratmeter)
Der europaweite Anstieg der Bauzinsen hat sich seit Jahresbeginn spürbar abgeschwächt. Bei der Entwicklung der Wohnimmobilienpreise bestehen jedoch weiterhin erhebliche Unterschiede zwischen den europäischen Staaten. Während sich die durchschnittlichen Kaufpreise in 4 von 7 untersuchten Ländern im Vergleich zum Vorjahr erhöht haben, ist es in 3 Staaten zu Preisrückgängen gekommen. Obwohl die Immobilienpreise in der Mehrzahl der betrachteten Länder gestiegen sind, lässt sich zuletzt eine generelle Abschwächung der Preisdynamik beobachten. Das stärkste Minus aller untersuchten europäischen Länder weist Deutschland auf – dort sind die Kaufpreise für Wohnimmobilien im Vorjahresvergleich um 6 Prozent gesunken. Das ist das Ergebnis des aktuellen AVIV Housing Market Report für das 3. Quartal 2023. Darin wird die Entwicklung der Kaufpreise auf den Immobilienmärkten in Deutschland, Frankreich, Belgien, Luxemburg, Italien, Spanien und Portugal analysiert. Der Report entsteht in Zusammenarbeit mit den Immobilienportalen meilleurs agents und Immoweb, die ebenso wie immowelt Teil der AVIV Group sind.
Deutlichste Preisanstiege in Südeuropa
Im Gegensatz zu Deutschland zeigt die Preiskurve in mehreren südeuropäischen Ländern nach oben. Die stärkste Verteuerung aller untersuchten Länder weist Spanien auf, wo sich Kaufimmobilien gegenüber dem Vorjahr um 7,2 Prozent verteuert haben. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis liegt aktuell bei 2.004 Euro. In Portugal (2.526 Euro) sind die Kaufpreise im selben Zeitraum um 5,6 Prozent gestiegen, in Italien (1.857 Euro) um 0,9 Prozent. Neben den südeuropäischen Staaten hat sich Wohneigentum auch in Belgien verteuert – nach einem Plus 2,9 Prozent kostet der Quadratmeter dort aktuell 2.300 Euro. Allerdings liegt das Preisniveau in allen vier Ländern nach wie vor deutlich niedriger als in Deutschland, wo Immobilienkäufer mit durchschnittlich 3.073 Euro für den Quadratmeter rechnen müssen.
Trotz der Preisanstiege ist die Leistbarkeit von Wohneigentum in Spanien, Italien und Belgien jedoch noch immer besser als in Deutschland, da die durchschnittlichen Quadratmeterpreise und Gehälter in einem günstigeren Verhältnis stehen. Während sich die Kaufpreise in den drei genannten Ländern folglich weiter erhöhen, kühlt sich der deutsche Immobilienmarkt ab, da Wohneigentum für potenzielle Käufer kaum noch bezahlbar ist. Eine Ausnahme stellt Portugal dar: Zwar liegt der durchschnittliche Quadratmeterpreis dort mehrere hundert Euro unter dem deutschen, allerdings ist das Durchschnittsgehalt der Einwohner das niedrigste aller untersuchten Staaten. In Portugal ist der Immobilienkauf folglich sogar noch schwieriger zu stemmen als in Deutschland. Dass die Kaufpreise dennoch weiter anziehen, liegt vor allem an der starken Nachfrage ausländischer Käufer, die das südeuropäische Land in den vergangenen Jahren für sich entdeckt haben.
Bauzinsen stabilisieren sich – außer in Frankreich
Während sich die Kaufpreise europaweit unterschiedlich entwickeln, zeigen sich bei den Bauzinsen Gemeinsamkeiten. So lässt sich in fast allen untersuchten Ländern eine Stabilisierung des Zinsniveaus beobachten: In 6 der 7 Länder lag der Zinsanstieg im vergangenen Quartal bei maximal 0,2 Prozentpunkten. In Deutschland waren es sogar nur 0,1 Prozentpunkte. In ihrer jüngsten Sitzung hat die Europäische Zentralbank zudem beschlossen, den Leitzins nicht weiter anzuheben, was für eine fortgesetzte Stabilisierung der Kreditbedingungen sorgen könnte. Die einzige Ausnahme unter den betrachteten Staaten stellt Frankreich dar, wo sich die Bauzinsen zuletzt um 0,5 Prozentpunkte erhöht haben. Dort legt die französische Nationalbank einen Höchstsatz fest, zu dem Immobiliendarlehen ausgegeben werden dürfen, um Verbraucher vor überteuerten Krediten zu schützen. Dadurch konnte der rapide Zinsanstieg, wie er in den anderen Ländern seit 2022 auftrat, zunächst abgedämpft werden. Seit 2023 wird die Obergrenze durch die französische Nationalbank jedoch monatlich aktualisiert und das Zinsniveau gleicht sich folglich rasch dem der anderen Länder an.
Die finanzielle Belastung für Käufer in Frankreich nimmt folglich zu, was sich auch in der Preisentwicklung widerspiegelt. Die Kaufpreise sind im Vergleich zum Vorjahresmonat um 0,6 Prozent gesunken und liegen mit durchschnittlich 3.171 Euro pro Quadratmeter knapp über dem deutschen Niveau. Noch kostspieliger ist Wohneigentum unter den betrachteten Ländern lediglich in Luxemburg, wo Käufer im Schnitt mit 8.457 Euro pro Quadratmeter rechnen müssen.
Schwindende Kaufkraft: Bis zu 25 Quadratmeter weniger als vor einem Jahr
Obwohl sich die Bauzinsen zuletzt in vielen europäischen Ländern stabilisiert haben, ist das Zinsniveau mit etwa 4 Prozent nach wie vor hoch. Im Vergleich zur Niedrigzinsphase hat sich der Immobilienerwerb für potenzielle Käufer somit deutlich erschwert. Das verdeutlicht ein Blick auf die leistbare Wohnfläche, die heute in allen untersuchten Ländern deutlich geringer ausfällt als im Januar 2022. In Deutschland konnte sich ein Zweipersonenhaushalt ohne Kinder mit einem mittleren Nettohaushaltseinkommen damals 69 Quadratmeter Wohnfläche leisten. Unter dem heutigen Zinsniveau gibt es für dasselbe Budget nur noch 58 Quadratmeter Wohnfläche – 11 Quadratmeter weniger. Für die Berechnung wurde eine Annuität von 33 Prozent des verfügbaren Einkommens und eine Finanzierungsdauer von 25 Jahren angenommen. In anderen Ländern fallen die Einbußen noch deutlicher aus: Immobilienkäufer in Frankreich und Italien bekommen heute 17 Quadratmeter weniger als Anfang 2022. In Spanien beträgt das Minus 22 Quadratmeter, in Belgien sogar 25 Quadratmeter.