13. Wohnungsbau-Tag: Bau- und Immobilienbranche im Dialog mit der Politik

Sieben führende Organisationen und Verbände der Bau- und Immobilienbranche, unter ihnen auch der BFW, führten beim heutigen 13. Wohnungsbau-Tag 2022 in Berlin einen konstruktiven Dialog mit der Politik. Neben Baupolitikerinnen und -politikern aus dem Bundestag waren auch Bundesbauministerin Klara Geywitz und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zu Gast.

Grundlage für den Austausch war eine aktuelle Studie des Bauforschungsinstituts „ARGE für zeitgemäßes Wohnen“ (Kiel). Die Studie zeigt einen Fahrplan dafür, wie das Wohnen klimaneutral werden kann. Bei der Klimaschutz-Modernisierung fordern die Wissenschaftler der ARGE allerdings, Kosten und Nutzen gründlich abzuwägen, um das Wohnen nicht unverhältnismäßig teuer zu machen. Das sei – zusammen mit mehr Klimaschutz beim Wohnen – allerdings nur zu erreichen, wenn der Staat eine Reihe von zusätzlichen Steuer-Anreizen setze und KfW-Programme anpasse bzw. neue Förderungen schaffe.

Übergabe der ARGE-Studie an Bundesbauministerin Klara Geywitz

Aus der vorhandenen Gebäudesubstanz kann erstaunlich viel herausgeholt werden: Das Potential, das allein der Umbau bestehender Gebäude bietet, liegt bei über 4,3 Millionen neuen Wohnungen. Genug also, um in Kombination mit dem Bau komplett neuer Wohnhäuser das Ziel der Bundesregierung zu erreichen. „Der Vorteil der Umbau-Offensive: Es gibt eine enorm hohe Anzahl neuer Wohnungen – ohne dafür auch nur einen einzigen Quadratmeter Bauland zusätzlich zu benötigen“, sagt ARGE-Institutsleiter Dietmar Walberg. Eine gewaltige Chance sieht er dabei im Umbau von Büros, die auch nach der Corona-Phase durch das Etablieren vom Homeoffice nicht mehr gebraucht werden. Rund 1,9 Millionen neue Wohnungen könnten so entstehen. Und das relativ kostengünstig: Der Umbau von Büros kostet pro Quadratmeter Wohnfläche knapp 1.300 Euro. Zum Vergleich: Im Neubau sind es mehr als 3.400 Euro. Auch die Dachaufstockung bei Wohnhäusern, die in der Nachkriegszeit bis zum Ende der 90er-Jahre gebaut wurden, bietet nach Angaben der Studie enormes Potential: Rund 1,5 Millionen neue Wohnungen sind hier durch On-Top-Etagen möglich. Und das zu Kosten von weniger als 2.500 Euro pro Quadratmeter.

BFW-Präsident Andreas Ibel machte deutlich, dass in den vergangenen Jahren bereits viel bei der Energieeinsparung im Gebäudebereich erreicht wurde. Viel Geld sei investiert worden. Neue Gebäude, aber auch der Bestand seien deutlich energieeffizienter als noch vor ein paar Jahren. Doch diese Entwicklung lasse sich nicht linear fortschreiben. Mehr Geld, mehr Investitionen und mehr Material- und Technikeinsatz bedeuteten keinesfalls ein proportionales Mehr an Energieeinsparung und weniger Treibhausgasemissionen. Der Grenznutzen der Gebäudeoptimierung sei erreicht. „Neue Vorschriften, immer mehr Ordnungspolitik und immer mehr Bürokratie bringen uns jetzt nicht mehr weiter. Das erleben wir jeden Tag in der Praxis“, so Ibel.

Bürgerinnen und Bürger dürften nicht überfordert werden. Mehr Neubau und energetische Modernisierungen seien erforderlich, um das Wohnen insbesondere in den Ballungsgebieten bezahlbar zu halten und die Klimaziele zu erreichen.

Andreas Ibel führte weiter aus, dass mit den Standards EH70 im Neubau und EH115 im Bestand der wirtschaftliche Grenznutzen erreicht sei. Mit diesen mittleren Standards sei ein nahezu klimaneutraler Gebäudestandard aber möglich – mit der entsprechenden, klimaneutralen Energieversorgung.

Eine Anhebung der Standards auf EH55 oder gar EH40 sei in einer Kosten-Nutzen-Abwägung nicht sinnvoll, auch nicht für den Klimaschutz. Weitere ordnungsrechtliche Verschärfungen für die Energieeffizienz von Wohnungs-Neubauten seien hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit und in Bezug auf den Nutzen für die Mieterinnen und Mieter nicht sinnvoll.

„Der Schwerpunkt künftiger klimapolitischer Zielsetzungen muss sich von der Überoptimierung der Energieeffizienz der Gebäude zur Dekarbonisierung der Energieversorgung verlagern. Wir müssen breiter denken, echte Technologieoffenheit erlauben und auch fördern. Nah- und Fernwärme, Bio-Methan und vor allem auch Wasserstoff. Nur so kann Klimaschutz nachhaltig gelingen und nur so können die ambitionierten Ziele sowohl im Wohnungsbau also auch beim Klimaschutz erreicht werden“, führte Ibel abschließend aus.

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